Über den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein…
Schweizer Luftfahrthistoriker und Luft-Luft Fotograf Joe Rimensberger ist der 51. Kavalier der Lüfte
Hude. Auf dem traditionellen Fliegerabend „Kavalier der Lüfte” am zurückliegenden Freitag konnte Dr. med. Peter Krupp ca. 60 Piloten und Freunde des Luftsports im Huder „Burgdorfs Hotel & Restaurant” begrüßen.
Als geladener Ehrengast sagte der Bürgermeister der Gemeinde Hude Holger Lebedinzew: „Er selbst habe eine besondere Nähe zur Luftfahrt, weil sein Sohn Jonas die Ausbildung bei der Lufthansa zum Nachwuchsflugzeugführer erfolgreich absolviert habe. Hart ins Gericht dagegen ging der Bürgermeister mit den zunehmenden Attacken mit Laserpointern gegen die Cockpitmitarbeiter. Völlig unverständlich sei ihm, wie es möglich sei, dass in Deutschlanfd jedermann sich eine Flugdrohne zulegen könne und diese auch benutzen dürfe. Hier werde ein neues unkontrollierbares Sicherheitsrisiko für den Luftverkehr billigend in Kauf genommen. Abschließend sagte Holger Lebedinzew, er hoffe sehr, dass hier in absehbarer Zeit durch einschlägige Gesetze die erforderlichen Nutzugsverbote geregelt werden.
Im Mittelpunkt des Luftsporttreffens 2017 stand die Verleihung des begehrten Wanderpreises „Kavalier der Lüfte“. Dieser Preis wurde im Jahr 1967 vom legendären Huder Kunstflieger Gerd Achgelis (* 16. Juli 1908 in Golzwarden, Großherzogtum Oldenburg; † 18. Mai 1991 in Hude) gestiftet.
Ehrengast und Vortragender auf dem diesjährigen Fliegerabend war der 85-Jährige Joe Rimensberger aus der Schweiz. Mittels einer Powerpoint-Präsentation übernahm „Joe” die Regie am Pult.
„Im Sommer 1939, jeden Tag zur selben Zeit, flog ein großes silbernes, donnerndes, zweimotoriges Flugzeug unweit vom Elternhaus, westlich von Lausanne, vorbei. Dann erfuhr ich, dass es eine der legendären DC-2 – vielleicht aber auch eine sehr ähnliche DC-3 – der Swiss Air Lines war. Diese Erscheinung könnte wohl am Ursprung meiner Leidenschaft zur Fliegerei gewesen sein.“
Mit diesen Worten eröffnete Paul Josef (Joe) Rimensberger seinen Bildvortrag, den er im Hotel Burgdorf in Hude anlässlich der Verleihung des Ehrenwanderpreises „Huder Mönch“ an einen „Kavalier der Lüfte“ hielt.
Was er zu diesem Zeitpunkt noch nicht ahnte: Er war aus der Schweiz angereist, um selbst die Ehrung zu erfahren und als 51. „Kavalier der Lüfte“ mit dem im Jahre 1967 von Gerd Achgelis gestifteten Preis ausgezeichnet zu werden. Die Mitglieder des Verleihungsausschusses erklärten: Joe Rimensberger ist ein außerordentlich liebenswürdiger Mensch. Aber was ihn besonders als einen „Kavalier der Lüfte“ qualifiziert, ist seine Leidenschaft, mit der er kunstvoll Flugzeuge ins Bild setzt und das aus ganz ideellen Beweggründen.
Joe Rimensberger wurde 1932 in der Nähe von St. Gallen in der Ostschweiz geboren und wuchs am See Léman bei Lausanne auf. Als er als Junge dann immer wieder fasziniert den donnernden „Silbervögeln“ nachschaute, die von Zürich–Dübendorf aus im langen Endanflug auf Genf-Cointrin flogen, war ihm gewiss, dass Flugzeuge einmal einen Teil seines Lebens ausmachen würden. Das erfüllte sich schon bald darin, dass er zuerst mit der Voigtländer Kamera seines Vaters auf schwarz-weiß Rollfilm und später mit der 35mm Kodak Retina Reflex alle vom Boden aus erreichbaren Flugzeuge ablichtete. So wurde Joe Motivjäger in Sachen Flugzeuge. Nach dem Abitur stand am Anfang seines Berufslebens aber erst einmal die Aufgabe eines und Theater- und Verlagsangestellten. Später im Jahr 1956 wechselte er dann zur Fotoindustrie Kodak Schweiz, was ihm die Grundlagen für seine Leidenschaft, Flugzeuge zu fotografieren, optimierte. Er verbrachte unzählige Stunden auf den Vorfeldern von Flugplätzen, um alles zu fotografieren, was sich in die Luft erheben konnte. In den frühen Zeiten seiner Passion genügte ein Anruf bei den Flughafenaufsichten und Joe durfte seiner Leidenschaft nachgehen. Als dann später als Folge von sich zugetragenen Flugzeugentführungen die Sicherheitsbestimmungen immer schärfer wurden, war es nicht mehr so einfach, den Zugang zu Flughäfen zu bekommen. Diese neue Situation lenkte „Joes” Interesse auf fliegerische Aktivitäten von klassischen Fluggeräten, die von Museen und privaten Sammlern in mühsamer Arbeit restauriert und flugtüchtig erhalten und auf Flugtagen vorgeführt werden und bei der Produktion von Spielfilmen zum Einsatz kommen. Daraus ergab sich für ihn eine Vielzahl von Gelegenheiten, Kontakte und Freundschaften zu Besitzern, Fliegern und Mechanikern solcher Maschinen aufzubauen und diese aus nächster Nähe zu betrachten, aber eben immer noch nur vom Boden aus.
Aber dann, an einem heißen Sommertag im Jahr 1981, erfreute sich Joe Rimensberger der Gelegenheit, in einem Flugzeug Platz zu nehmen, um aus der Luft seine ersten Aufnahmen eines fliegenden Flugzeuges zu machen. Die Maschine, aus der heraus er fotografierte, war eine De Havilland DH-60GIII Moth Major, stationiert in Lausanne-La Blécherette, die in Formation mit einer Tiger Moth flog. Seither all die Jahre hindurch machte „Joe” unzählige Fotos von fliegenden Flugzeugen vom Flugzeug aus und wenn sich die Gelegenheit bietet, klettert er noch heute, inzwischen mit digitaler Kamera bewaffnet, in ein Flugzeug, um dieser Leidenschaft zu frönen. All die Bekanntschaften und Freundschaften, die er auf Flugfeldern in ganz Europa angebahnt hatte und seine Sprachkenntnisse in Deutsch, Schweizer Deutsch, Englisch und Französisch, kamen ihm dabei zugute. Mehr als 900 Stunden verbrachte „Joe” im offenen Doppeldecker, in zum Fotografieren präparierten Kabinenflugzeug oder – bei ausgebautem Heckfenster – im Heck der Rockwell QV-10 Bronco angeschnallt, um die zum Teil atemberaubenden Aufnahmen von Flugzeugen aller Art zu machen, die seiner Kamera von den besten der guten Piloten im Flug präsentiert wurden. So entstanden unzählige schöner Aufnahmen, von denen so manche einen Platz in Luftfahrtmagazinen, in Kalendern oder sonstigen Publikationen gefunden haben. Die Triebfedern seines Werkes aber sind sein Idealismus und seine Leidenschaft für Fluggeräte. In diesem Sinne freut er sich besonders darauf, den Nachlass an Bild- und Filmaufnahmen von Gerd Achgelis in die Hand zu bekommen, um diesem einen weiteren Platz in den Archiven der Luftfahrtgeschichte zu sichern.
Es waren beeindruckende Aufnahmen aus mehr als 70 Jahren der Luftfahrtgeschichte, kommentiert mit charmantem schweizer Akzent, die Rimensberger als Motivjäger in Sachen Flugzeuge bekannt gemacht haben. Joe Rimensberger sagte: „Manche Aufnahmen kamen erst nach jahrelanger Vorbereitungszeit und manchmal auch viel Überredungskunst zustande. Ich musste über Funk oder per Handzeichen aus meiner Maschine eine Formation aufbauen oder mal eben im Messerflug mehrmals über das zu fotografierende Motiv hinwegfliegen”.
Ein tosender Applaus der Gäste im Saal war am Ende der Präsentation der Lohn für den einzigartigen Ausflug in die bebilderte Luftfahrgeschichte.
Norbert Lautner, Lufthansa Kapitän und „50. Kavalier der Lüfte” aus dem Jahre 2016 sagte: „Kennengelernt habe ich „Joe” als bescheidenen, sich im Hintergrund haltenden Menschen, in Rechlin beim Formationstraining der Berlinstiftung. Ich kenne ihn als furchtlosen Mitflieger beim Formationstraining im engsten Verbandsflug ebenso wie durch seine verwegenen Aufnahmen aus einer offenen Jak 52 bei extremen Wetter.
Norber Lautner führte weiter aus: „Neben seiner außergewöhnlich liebenswerten und verbindlichen Art zeigt er eine unermüdliche Leidenschaft für das kunstvoll in Szene setzen von Luftfahrtzeugen. Mittlerweile ist er auch ein anerkannter Luftfahrthistoriker, der uns angeboten hat, den Bildnachlass von Gerd Achgelis zu sichten und zu sichern”. Diese besonderen Werte waren für den Ausschuss richtungsweisend in diesem Jahr die Auszeichung „Kavalier der Lüfte” an Joe Rimensberger zu vergeben.
Mit diesen Worten übereichten die Mitglieder des Ausschusses Dr. med. Peter Krupp, Norbert Lautner und Horst Rüdiger diese besondere Auszeichnung in Form eines geprägten Silbertellers an Rimensberger aus der Schweiz.
Keine 12 Stunden später sitzen wir, Norbert Lautner, Horst Rüdiger und Fred Vosteen mit Joe Rimensberger im Cockpit einer Bonanza Beech 35 (Baujahr 1956) von Ganderkesee nach Diepholz, um hier einen Vortrag unseres gemeinsamen 94-Jährigen Fliegerkameraden Hans-Ulrich Gaserow aus Mallorca zu verfolgen.
Natürlich hält „Joe” auch dieses Ereignis mit seiner Kamera fest und er sagt: „Meine Kameraden aus der Schweiz sind schon recht neugierig auf die Fotos aus Norddeutschland”.
Text und Fotos: Fred Vosteen